Interview: Die Dozentin, Beraterin und Autorin Brigitte Wonneberger gibt Ihnen Tipps dazu, wie Sie Ihren individuellen Masterplan Gestalten für die optimale Elternarbeit.
Als Schulleitung bewegen Sie sich bei der der Elternarbeit in verschiedenen Welten. Von Helikoptereltern bis Laissez-faire-Erziehern ist alles dabei! Damit Entscheidungen an Ihrer Schule gemeinschaftlich getragen werden, müssen Sie auch die Eltern ins Boot holen, und zwar alle. Nur so gelingt eine bunte und stabile Schulkultur!
Frau Wonneberger Sie sind in diesem Jahr beim Deutschen Schulleitungskongress mit einem Workshop dabei. Können Sie uns kurz umschreiben, welches Thema Sie den Teilnehmenden anbieten?
Wonneberger: Ich habe mich für das Thema „Elternarbeit“ entschieden, weil es angesichts der aktuellen Krisen zunehmend an Bedeutung gewinnt. Natürlich ist Elternarbeit ein angestammter Bestandteil der Schulkultur und häufig auch des Schulprogramms, sie lässt sich aber nicht einfach verordnen, sondern sie muss mit Leben gefüllt und manchmal auch erkämpft werden. Das gilt für den Bereich Arbeit mit den Eltern im Sinne von Beratung und Konfliktlösung wie auch für den Bereich Elternmitarbeit. In meinem Workshop geht es darum, die Möglichkeiten einer konstruktiven Elternarbeit zu diskutieren, die unterschiedlichen Erfahrungen der teilnehmenden Schulleiterinnen und Schulleiter aufzugreifen und daraus Impulse für die eigene Schule zu gewinnen, kurzum, aus dem Workshop einen konkreten individuellen „Masterplan” mitzunehmen.
Für eine optimale Elternarbeit müssen alle an einem Strang ziehen. Mit welchen Hindernissen und Widerständen ist zu rechnen?
Wonneberger: Hindernisse und Widerstände sind je nach den betroffenen Gruppen der Schulgemeinschaft ganz unterschiedlicher Art und sollen im Workshop individuell betrachtet werden. Viele Eltern verbinden das Wort Elternarbeit mit endlosen Elternabenden, oder mal einen Kuchen zum Sportfest mitbringen. Darauf haben sie keine Lust. Manche Eltern haben grundsätzliche Vorbehalte gegenüber dem Schulsystem oder auch der Einzelschule. Diese können von ihren eigenen Schulerfahrungen herrühren, oft auch von dem, was ihr Kind in der Schule erlebt hat oder was es zu Hause erzählt. Ein anderer Grund für eine negative Einstellung der Schule gegenüber ist die zunehmende Alltagsbelastung der Eltern, besonders auch bei Alleinerziehenden. Viele Mütter und Väter finden heute kaum noch Zeit, sich um die Schulthemen ihrer Kinder zu kümmern. Manche leben in der Hoffnung, das sei alles Sache der Schule und sind unzufrieden, wenn ihr Kind aus der Ganztagsschule nach Hause kommt und dort seine Hausaufgaben noch nicht geschafft hat. Wenn dann im Anschluss das Hockeytraining oder der Musikunterricht stattfindet, droht der Abend für die ganze Familie zum Stressprogramm zu werden. Auch die Mitglieder des Schulleitungsteams und des Kollegiums sind oft unterschiedlicher Meinung, was die Elternarbeit betrifft. Manche tun das Thema als unnötig ab: „Wir haben Wichtigeres zu tun und sind bereits am Limit.” Oder: „Jetzt sollen wir uns auch noch um die Eltern kümmern!”. Last but not least, wollen viele Schüler:innen ab einem gewissen Alter auch nicht mehr, dass sich die Eltern für ihre Schule engagieren. Sie fühlen sich von ihnen gestört, wollen keine Einmischung und erleben sie zuweilen auch als „peinlich”. Die Herausforderungen sind groß und erfordern gemeinsames Anpacken mit Geduld und Fingerspitzengefühl.
Den Schulleitungen stellt sich dabei immer wieder die Frage: „Wo sind die Möglichkeiten und wo die Grenzen der Elternmitwirkung?“
In einem Satz gesagt, wie sieht gute Elternarbeit aus?
Wonneberger: Gute Elternarbeit ist zum einen gute Arbeit mit den Eltern, wenn es um vertrauensvolle Beratung oder Konfliktlösung geht. Zum anderen ist sie eine bewusste Hinführung zu einer Elternmitarbeit, die alle Eltern anspricht und ihr Potential für die Schulgemeinschaft nutzt, stets auf Augenhöhe bedacht, professionell organisiert und vielfältig in der Ausprägung.
Ohne zu viel zu verraten, was können Sie bereits im Vorfeld den Teilnehmenden an die Hand geben, worauf sie achten sollten?
Wonneberger: Das Wichtigste für Schulleitungen ist eine positive und partnerschaftliche Grundhaltung gegenüber den Eltern und das Vertrauen in die Kraft ihrer Mitgestaltung. Das erfordert vor allem viel Kommunikation, aus der die Leitungen dann wertvolle Impulse für den Schulalltag mitnehmen können. Natürlich soll es im Workshop auch darum gehen, wie sich die Kolleginnen und Kollegen vom Mehrwert einer guten Elternarbeit überzeugen lassen.
Vielen Dank für das aussagekräftige Interview, Frau Wonneberger
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