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Non-formale Bildung

 
„Student Agency“ – die „Fähigkeit und Bereitschaft, eigene Ressourcen zu mobilisieren und etwas zu verändern“ (Andreas Schleicher, OECD, 29.10.2019) – entwickeln Kinder und Jugendliche in der Regel nicht in klassischen Unterrichtsformaten, sondern durch Erfahrungslernen. Dieses häufig auch als problemlöseorientiertes Lehren und Lernen bezeichnete Format findet in innovativen, non-formalen Lernsettings statt. Idealerweise werden diese an Schulen verankert, um alle Kinder und Jugendlichen zu erreichen, und zielen darauf ab, Schüler:innen mit Zukunftskompetenzen auszurüsten, die sie befähigen, lebenslang an der Gesellschaft teilzuhaben und diese aktiv mit zu gestalten.

Ein nicht unerheblicher Teil unseres Curriculums datiert aus einer Zeit, in der vor allem kognitive Kompetenzen gefragt waren. Fachwissen ist inzwischen auf Knopfdruck abrufbar, die Fähigkeit, kreativ und innovativ mit Fragen umzugehen und mit anderen Menschen wirkungsvoll zusammenzuarbeiten, jedoch nicht. Non-formale Bildungsformate ermöglichen es Kindern und Jugendlichen, „echte“ Probleme gemeinsam zu lösen. Zu den Kompetenzen, die dabei gestärkt werden, gehören neben kritischem Denken, Kreativität, Anpassungsfähigkeit und einer zielorientierten und wertschätzenden Kommunikation auch Durchhaltevermögen und ein resilienter Umgang mit Herausforderungen.

Entscheidend für das Gelingen non-formaler Bildung ist es, dass die Probleme, die gelöst werden, von den Kindern und Jugendlichen selbst identifiziert und als für ihre eigene Lebenswelt relevant angesehen werden. Im Schulalltag zeigt sich immer wieder, dass Schüler und Schülerinnen, die über wenig Lesekompetenz verfügen, erst dann die nötige intrinsische Motivation aufbringen, zu lesen, wenn das Lesen ihnen dabei nützlich ist, eigene Problemstellungen und Bedürfnisse zu beantworten, wie zum Beispiel eine sonnenlichtbetriebene Lampe als Beitrag für nachhaltige Entwicklung zu entwickeln, ein Fahrrad zu bauen oder die Trinkwasserversorgung auf einer abenteuerlichen Expedition ohne Erwachsene zu planen. Erst dann, wenn man sich zusammentut, um Probleme zu lösen, beginnt man, wie Forschende oder Wissenschaftler:innen zu denken, anstatt vorgefertigtes Wissen wiederzugeben.

Selbstwirksamkeitserfahrungen wie das Lösen von Problemen oder das Engagement für Menschen, Tiere und Umwelt, insbesondere diejenigen, die in einer Gruppe gemacht und gemeinsam reflektiert werden, legen die Grundlage für ein gutes Selbstbild, ein gutes Lernklima und Interesse an gesellschaftlichen Zusammenhängen. Sie stärken sozio-emotionale Kompetenzen wie Rücksichtnahme, Durchhaltevermögen, Geduld, Einfühlungsvermögen, den Umgang mit Gefühlen, Toleranz, gute Kommunikation, Selbstvertrauen und Resilienz. Sie verändern die eigenen Einstellungen und Sichtweisen. Jugendliche, die Selbstwirksamkeit erfahren und erlebt haben, dass sie durch ihr Handeln Dinge bewirken können, ändern nachhaltig ihr Handeln. Sie werden zunehmend aktiv und bereit, Verantwortung zu übernehmen.

Non-formale Bildungsformate wie der von Kurt Hahn gegründete Duke of Edinburgh’s International Award fördern unter dem Motto „Du kannst mehr, als du glaubst!“ bereits seit über 60 Jahren die von der OECD empfohlenen Kompetenzbereiche, die für das Lernen der Zukunft entscheidend sind: Forschendes Denken, Fähigkeiten/Talente und Einstellungen/Werte. Wir sollten uns trauen, unseren Lehrplan zu entschlacken und Kinder  und Jugendliche den Raum für non-formale Bildung zu geben. Wenn Kinder und Jugendliche emotional, psychisch und physisch gesund und mit einem guten Selbstbild, Selbstvertrauen, Resilienz und anderen Kompetenzen ausgerüstet sind, werden sie auch in der Lage sein, forschend zu denken und Fachwissen konstruktiv einzusetzen, um gemeinsam die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu bewältigen. 

Wir freuen uns, Vanessa Masing auf dem diesjährigen Deutschen Schulleitungskongress begrüßen zu dürfen. Erfahren Sie im Vortrag von Frau Masing mehr über non-formale Bildung.

Freitag, 24.11.2023 um 11:15 Uhr

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
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Über die Autorin

Vanessa Masing leitet den Duke of Edinburgh’s International Award in Deutschland. Der „Duke“ ist ein Rahmen für non-formale Bildung, der 1956 von Kurt Hahn gegründet wurde. Teilnehmende Jugendliche wählen Aktivitäten in den Bereichen Engagement, Talente und Fitness und setzen sich persönliche Ziele. Sie gehen in Gruppen von 4-7 Jugendlichen auf herausfordernde Expeditionen, auf denen sie ein Thema bearbeiten.

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