Frau Dr. Madubuko, Sie unterstützen den Deutschen Schulleitungskongress 2023 mit Ihrem überaus wichtigen Thema. Ohne zu viel vorwegzunehmen, was erwartet die Teilnehmenden in Ihrem Vortrag?
Dr. Madubuko: Der Vortrag behandelt die Frage, warum es bedeutsam ist, Schule zu einer „Schule für alle“ zu machen und was dazu gehört. Wir leben in einer Gesellschaft, deren soziale und akademische Wissensbestände rassistisch mitgeprägt sind. Dies zeigt sich auch an Schulbüchern und normiert-akzeptierten Zuschreibungspraxen gegenüber Schüler:innen mit Nicht-Deutschem Hintergrund, den sogenannten „Migrations-Anderen“. Ich stelle ein Konzept einer Schulkultur vor, in dem Diversitätssensibilität, Diskriminierungsschutz und rassismuskritischer Unterricht großgeschrieben werden. Dies beinhaltet auch passende und unpassende Lehrmaterialien. Dabei zeige ich auf, welchen Einfluss es hat, wenn das Lehrpersonal allen Schüler:innen mit einer Empowerment-Orientierung begegnen würde und sie die Individualität in Schüler:innen sehen würden. Umgekehrt wirken sich rassistische Erfahrungen in der Schule nachhaltig auf Selbstwert, Selbstwirksamkeit und Schulleistungen aus. Sie stellen sogar eine Gesundheitsgefährdung dar.
Ist es für Lehrkräfte und Schulleitungen immer ersichtlich, wenn es im Umfeld zu rassistischen und diskriminierenden Verhalten kommt? Welche Kompetenzen sollten hier gestärkt und gefördert werden?
Dr. Madubuko: Empowerment-Orientierung in der Schule braucht Schulleitungen die nicht weg-, sondern hinsehen und bereit sind, ihren Auftrag anzunehmen, sich antirassistisch zu verhalten (entsprechend dem Grundgesetz, AGG und Schulgesetz) und eine solche Haltung auch den Schüler:innen zu vermitteln. Dafür ist es zentral, nicht der weit verbreiteten Neigung zu folgen, Rassismus und andere Diskriminierungen zu negieren oder herunterzuspielen. Eine Plakette „Schule mit Courage, Schule ohne Rassismus“ allein hilft nicht, wenn es nicht an Verhaltensweisen gebunden ist. Es ist eine tägliche Aufgabe für sich, die Klassenkommunikation und das Lernumfeld zu prüfen, wo (z. B. durch Zuschreibungen) rassistische Diskriminierung stattfindet. Orientierung geben Veröffentlichungen zum Thema. Rassismus wird dann legitim, wenn man es „nicht so schlimm“ findet. Schulen benötigen klare Haltungen und Interventionskompetenz durch Anti-Mobbing Konzepte.
Was können die Teilnehmenden aus Ihrem Vortrag für den Schulalltag und sicherlich auch für das tägliche Miteinander mitnehmen?
Dr. Madubuko: Vorurteile sollten reflektiert sein, wenn man vor der Klasse steht und wenn man Schule für alle organisiert. Schüler:innen und ihre Heterogenität sind keine Herausforderung. Sie stehen nur einem Schulsystem gegenüber, welches versucht, homogene Gruppen zu beschulen. Es geht um Diskriminierungsschutz, rassismuskritische Unterrichtsgestaltung durch Lerninhalte und Kommunikation im Unterricht.
Vielen Dank für das inspirierende Interview, Frau Dr. Madubuko!
Über die Autorin
Dr. Nkechi Madubuko ist promovierte Sozialwissenschaftlerin, Moderatorin, Referentin, Diversity-Trainerin und Autorin mehrerer Eltern und Fachbücher zu den Themen Umgang mit Rassismuserfahrungen, Empowerment und Erziehung zur Vielfalt. Ihre Schwerpunkte sind diversitätssensibles pädagogisches Handeln, rassismuskritisches Handeln, Empowerment für Kinder und Jugendliche in Safer Spaces, Empowerment-Orientierung in gemischten Gruppen sowie diskriminierungskritische Berichterstattung.