Schulen sind mit großen Herausforderungen konfrontiert. Um diesen zu begegnen und gleichzeitig Qualitäten zu erhalten und zu verbessern, braucht es Strategie(n) und ein sorgfältig ausbalanciertes, zielorientiertes und ressourcenschonendes Vorgehen. Das gilt für die eigene personenbezogene berufliche Strategie, für die Strategie einer Gruppe (z.B. einer Fachschaft, eines Jahrgangsteams), aber auch für die Strategie einer Schule, einer Bildungsregion und eines Schulsystems. Es darf in der Schulentwicklung im Rahmen von Qualitätsmanagement nicht nur einseitig um (Weiter-)Entwicklung gehen. Es braucht auch eine strategisch verankerte und mit entsprechende Ressource ausgestattete Verstetigung und Nachhaltigkeit. Zwar gilt es, ausgehend von den Ansprüchen der Best Practice, für den eigenen Verantwortungsraum vor dem Hintergrund der Realitäten und davon abhängigen Machbarkeiten zu Möglichkeiten von Next Practice zu kommen, also die bisherige Praxis zu optimieren und Neues einzuführen. Doch kommt es zudem darauf an, Bewährtes zu bewahren. In Zeiten von knappen Ressourcen bedeutet es außerdem, Aufwändiges bzw. wenig Nutzbringendes temporär oder sogar dauerhaft zu sistieren, abzuschaffen, wegzulassen. In der eigenen Strategie geht es folglich um eine Integration der drei Aspekte Bewahren, Innovieren, Optimieren, kurz BIO. Und im Sinne einer Diät geht es auch um BIOplus, also um die Reduktion im Sinnes des Sistierens. Es gibt in jeder Organisation oder Organisationseinheit, in jenem Programm, bei jedem professionellen Handeln Aspekte, die zu bewahren sind, andere, die neu zu etablieren sind, wiederum andere, die optimiert werden können (und sollten) und schließlich Aspekte, die vorübergehend sistiert werden sollten. Dabei ist vor dem Hintergrund von kontextualen Bedingungen und der Machbarkeiten aufgrund von Ressourcen und Sozialdynamiken eine Balance zu finden, wobei unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden. Diese Triade von Bewahren, Innovieren und Optimieren lässt sich als Abfolgelogik verstehen, als Dreischnitt im Rahmen eines Entwicklungsprozesses (vgl. Abb. 1).
Strategie heißt: vom Nutzen aus denken und Prioritäten setzen.
Im Mittelpunkt von Qualitätsmanagement muss immer die Frage nach dem Nutzen stehen: Welchen Nutzen hat das, was wir tun, bzw. haben die Maßnahmen für die Förderung sowie die Unterstützung der Kinder und Jugendlichen? Die Ideen für solche Maßnahmen sind an jeder Einzelschule sicher vielfältig. Ihnen stehen stets unterschiedliche Kontextbedingungen mit jeweils eigenen Realisierbarkeiten gegenüber. Vor diesem Hintergrund ist es die Aufgabe von pädagogischen Führungskräften, Handlungsmöglichkeiten auszuloten und Lösungen zu entwickeln – Bewährtes zu bewahren, eine neue Praxis zu innovieren, die bisherige Praxis zu optimieren und Aufwändiges mit wenig Nutzen ggf. (zumindest temporär) zu sistieren. Des Weiteren braucht es eine auf die jeweilige Schule individuell zugeschnittene Strategie, damit die Maßnahmen nicht unverbunden und ohne gegenseitige Bezüge nebeneinanderstehen; eine Balance, damit letztlich auch Machbarkeiten und Akzeptanz der Maßnahmen gewährleistet sind, sowie ein effektives und effizientes Zeitmanagement, das Zeitfenster identifiziert und darauf reagiert. Evaluation, Zielvereinbarungen, Teamentwicklung, Steuergruppen usw. sind letztlich Techniken, Verfahren, (Hilfs-)Mittel, die einem konkreten Zweck dienen.
Strategie heißt auch: kontextuale Integration, Balance und Abfolgelogik
In der Qualitätsentwicklung geht es auch darum, die vielen Ansprüche, Erwartungen und Ideale auszuloten und in Einklang zu bringen: zum einen die Ansprüche an sich selbst als Pädagoge, Pädagogin bzw. pädagogische Führungskraft aufgrund der eigenen Professionalität und aller dort angesiedelter Aspirationsniveaus. Zum anderen existieren aber auch mannigfaltige Erwartungen an weitere Akteure, beispielsweise die Lernenden, deren Eltern, die Partner im Bildungsprozess. Doch auch Ansprüche an Verwaltung und Aufsicht, an Politik und andere gesellschaftliche Akteure bestehen. Diese Ansprüche, Erwartungen und Ideale sind nicht nur vielfältig, sondern widersprechen sich teilweise sogar. Deshalb sind differenzierte Analysen, Ambiguitätstoleranz und Komplexitätsaffinität, sowie systematisches und strategisches Handeln nötig, um, je nach Passung und Kontext, die zielführendste Strategie auszuhandeln, indem Bewährtes bewahrt, neue Praxis innoviert und die bisherige Praxis optimiert wird. Je nach Organisation sind zudem bezüglich des Ressourcenmanagements von Schulentwicklungsanstrengungen unterschiedliche Gewichtungen vorzunehmen. Eine sehr erfolgreiche Schule, in der in den letzten Jahren viel erreicht wurde, wird ihren Fokus auf Nachhaltigkeit, folglich auf das Bewahren legen und nur gut dosiert innovieren. Eine Schule, die aufgrund von ungünstigen Entwicklungen in einer schwierigen Lage ist, wird einen Schwerpunkt auf Innovation setzen müssen. Unterschiedliche Gewichtungen führen auf diese Weise zu unterschiedlichen Strategien in der Schulentwicklung (Abb. 2).
Strategie heißt auch: Kooperation fördern, Aufgaben delegieren
In der Schulentwicklung braucht es geeignete Strukturen und Prozesse, die systemische Stimmigkeit und Kohärenz ermöglichen. Kooperationen und kooperative Führung – in einer erweiterten Schulleitung, einer mittleren Führung, in einer Steuergruppe, in Jahrgangsteams, in Fachschaften oder weiteren Projektgruppen – sind in diese Sinne die erste Wahl, wenn es darum geht, gemeinsam Schule zu gestalten (Spillane 2006; Harris & Spillane 2008; Harris 2009; Huber 2021, 2020a). Voraussetzung ist, dass Werthaltungen und Kompetenzen von Personen (Leitungspersonal und Kollegium) einerseits und Teamstrukturen andererseits so zusammenkommen, dass die Handlungsprozesse (in der Schule: Lehr-Lern- und Erziehungsprozesse) von Kooperation bestimmt werden. Eine ebenso wichtige Prämisse ist allerdings, dass Zuständigkeiten und Rollen in diesen kooperativen Settings klar definiert sind. Dann ist systemische Stimmigkeit erreicht, denn aufgrund der komplexen Hirarchie innerhalb der Schule deutet Kooperation angemessene Handlungsrationalität.
Zusammenfassung: die Aufgabenstellung im Überblick
Aufgabenstellung
- Perspektive wählen: SL, Schule als Ganzes, Handlungsbereich der Schulgestaltung, Themenfokus
- Brainstorming BIOplus, BIODiet, BIO-A
- Strategiemodus bestimmen: Nachhaltigkeit oder „Neu erfinden“
- Prioritätensetzungen vornehmen in BIO gemäß Strategiemodus
- Arbeit mit Strategieebenen
- Maßnahmen brainstormen pro Ziel
- Maßnahmen auswählen
Fazit: Die Gestaltung von Schule zwischen hohen Ansprüchen und knappen Ressourcen ist eine herausfordernde Daueraufgabe. Im Sinne einer systemischen, kohärenten und Strategie-orientierten Qualitätsentwicklung an Schulen gilt vor allem für Schulleitende, das Richtige zu tun. Die erfolgreichen Schulleitenden der nächsten Jahre, so Allen Walker in einem Vortrag zum World Education Leadership Symposium 2017, werden diejenigen sein, die lernen, sich ihrer alten Haut zu entledigen, während sie gleichzeitig beibehalten, was gut und richtig ist.